Nothing Phone (3): Design
Es passiert selten, dass mich ein Smartphone-Design wirklich überrascht, doch beim Nothing Phone (3) war es dann so weit. Statt auf glatte Symmetrie und Hochglanzästhetik zu setzen, präsentiert sich das Phone (3) kantig, verspielt und ungewöhnlich zusammengestellt.

Auffällig ist vor allem das Kamera-Layout auf der Rückseite. Die Linsen sind nicht wie bei vielen anderen Modellen in einer Reihe oder einem Modul angeordnet, sondern scheinbar wahllos verteilt. Doch hinter dieser scheinbaren Unordnung steckt ein klares Konzept. Das asymmetrische Design hebt sich bewusst ab, zieht Blicke auf sich und bricht mit dem Anspruch auf visuelle Perfektion, der viele aktuelle Flaggschiffe durchzieht.
Das Glas auf der Rückseite gewährt wie gewohnt einen Blick ins Innenleben, doch das neue LED-System stiehlt den Glyph-Streifen der Vorgänger die Show. Statt langer Lichtstreifen gibt es ein monochromes LED-Display (Glyph-Matrix) in der oberen rechten Ecke, das neue Möglichkeiten eröffnet. Dazu gleich mehr.

Auch haptisch passt das alles zusammen. Der Rahmen aus recyceltem Aluminium ist kantiger als beim Vorgänger, das Gehäuse liegt satt in der Hand und die Glasrückseite fühlt sich angenehm griffig an. Das leicht eingelassene Displayglas gibt dem Ganzen einen markanten Abschluss. Für den Alltag gibt es zudem IP68-Schutz gegen Wasser und Staub, was das Phone (3) trotz Extravaganz erstaunlich robust macht.

Design ist immer Geschmackssache, keine Frage. Manche werden beim Anblick des Phone (3) den Kopf schütteln. Andere sehen darin ein mutiges Statement. Bei all dem schwingt ein Gefühl mit, das man so zuletzt bei den ausgefallenen Handy-Experimenten der frühen 2000er gespürt hat. Geräte wie das Nokia 7280, das sich wie ein Lippenstift drehen ließ, oder das schräge Siemens Xelibri kommen in den Sinn.
Auch wenn das Phone (3) technisch natürlich weit davon entfernt ist, ruft es doch ähnliche Reaktionen hervor und schickt ein kleines Augenzwinkern in Richtung aller, die sich mit generischem Smartphone-Design zufriedengeben. Im Nothing Phone (3) steckt garantiert Experimentierfreude drin und genau das ist auch die DNA der Marke.

Nothing Phone (3): Glyph-Matrix
Technisch ist die Matrix aber ein spannender Fortschritt. Statt wie bisher Lichtleisten über das Gehäuse zu verteilen, besteht das neue System aus 489 individuell adressierbaren LEDs, die zusammen eine Art Mini-Display ergeben. Dieses lässt sich in vier festen Helligkeitsstufen regeln oder im Automatikmodus betreiben.
Gesteuert wird die Glyph-Matrix über den berührungsempfindlichen Glyph-Button, der unsichtbar in der Rückseite eingelassen ist. Er befindet sich genau dort, wo beim Halten in der rechten Hand meist der Zeigefinger ruht. Für Rechtshänder liegt der Button damit angenehm erreichbar. Linkshänder hingegen müssen umgreifen oder umdenken, denn für sie liegt der Button deutlich ungünstiger.
Mit dem Glyph-Button schaltet man durch die sogenannten Glyph-Toys. Zum Testzeitpunkt standen neun solcher "Spielzeuge" zur Verfügung. Darunter eine Digitaluhr, ein Spiegel, eine Akkuanzeige und Spiele wie Schere-Stein-Papier, Flaschendrehen oder der Magic 8 Ball. Weitere sollen folgen, denn Nothing stellt der Community ein SDK (Link) zur Verfügung. Entwickler können damit eigene Glyph-Erlebnisse programmieren und einreichen.
So charmant das Konzept der neuen Glyph-Matrix auch ist, es bringt ein Problem mit, das schon die Glyph-Streifen der Vorgänger betraf. Die meisten Menschen legen ihr Smartphone ganz automatisch mit der Rückseite auf den Tisch. Die Glyph Matrix verschwindet damit aus dem Blickfeld.
Wer das volle Potenzial ausschöpfen möchte, muss sein Nutzerverhalten also anpassen. Das Gerät öfter mal auf die Vorderseite legen, vielleicht sogar ein Case nutzen. Ein durchsichtiges Silikoncase ist übrigens im Lieferumfang enthalten.
Ein paar Dinge bleiben außerdem ausbaufähig. So wäre ein Always-On-Modus wünschenswert. Eine dauerhaft sichtbare Uhrzeit oder Ladeanzeige wäre nicht nur praktisch, sondern dürfte sich bei dem geringen LED-Stromverbrauch auch auf den Akku kaum negativ auswirken.
Auch der Glyph-Button selbst wirkt beim Test etwas widerspenstig. Er lässt sich zwar klar ertasten, muss aber recht kräftig gedrückt werden. Wenn man hier die Empfindlichkeit individuell anpassen könnte, würde das die Bedienung ein Stück weit verbessern.
Nothing Phone (3): Display
Was die Vorderseite betrifft, bleibt Nothing bodenständig. Das Phone (3) ist mit einem flachen 6,67 Zoll AMOLED-Display ausgestattet, das eine Auflösung von 2800 × 1260 Pixeln bei einer Pixeldichte von 460 ppi bietet.
Mit nur 1,87 mm auf allen Seiten fallen die Displayränder angenehm schmal aus. Die Bildwiederholrate erreicht 120 Hz, kombiniert mit einer hohen Touch-Abtastrate von 1000 Hz. Inhalte erscheinen dadurch flüssig und das Panel reagiert zügig auf Eingaben.

Statt auf ein stromsparendes LTPO-Panel zu setzen, das die Bildwiederholrate dynamisch bis auf 1 Hertz herunterregeln könnte, verwendet Nothing ein klassisches AMOLED mit festen Umschaltstufen. Gerade bei Always-On-Funktionen oder statischen Inhalten wäre ein LTPO-Display effizienter gewesen und hätte der Akkulaufzeit vermutlich gutgetan. Zumal man in dieser Preisklasse genau das inzwischen eigentlich erwarten darf.
Beim Thema Helligkeit geht Nothing aufs Ganze und erzielt 800 Nits im Normalbetrieb, bis zu 1600 Nits unter Sonnenlicht und sogar 4500 Nits bei HDR-Inhalten. Das sind selbst im High-End-Segment ordentliche Werte. Einen Mini-Kritikpunkt liefert an dieser Stelle die automatische Helligkeitsregelung, die manchmal etwas verzögert reagiert. Gerade beim Wechsel ins Dunkle braucht sie kurz, um sich einzupendeln.

Dank HDR10+ und 10-Bit-Farbtiefe unterstützt das Panel über eine Milliarde Farben und schafft satte Kontraste mit einem Verhältnis von 1.000.000:1. Im Gegensatz zur Rückseite, die Gorilla Glass Victus verwendet, wird die Front durch Gorilla Glass 7i geschützt.
Nothing Phone (3): Performance
Genauso wie das Design sorgt auch die Wahl des Prozessors bei vielen für Stirnrunzeln. Während andere Hersteller in ihren aktuellen Flaggschiffen den Snapdragon 8 Elite verbauen, entscheidet sich Nothing bewusst für den günstigeren Snapdragon 8s Gen 4. Eine Entscheidung, die auf dem Papier wie ein Kompromiss wirkt und sofort die Frage aufwirft, ob man es hier überhaupt noch mit einem echten High-End-Smartphone zu tun hat.
Tatsächlich basiert der Snapdragon 8s Gen 4 nicht auf Qualcomms hauseigenen Oryon-Kernen, sondern auf klassischen ARM-Referenzkernen. Die Leistung leidet darunter jedoch kaum. Laut Qualcomm liegt die CPU-Performance rund 31 Prozent über der des Vorgängers, bei der GPU sogar bei satten 49 Prozent.
Im Alltag macht sich das spürbar positiv bemerkbar. Das Phone (3) reagiert blitzschnell auf Eingaben, Apps öffnen ohne Verzögerung, Multitasking läuft geschmeidig und auch Bildbearbeitung oder 4K-Videoschnitt bringen das Gerät nicht ins Schwitzen.
Mobile-Gaming ist für das Phone (3) kein Problem und selbst bei grafikintensiven Spielen bleibt die Bildrate stabil. In sehr fordernden Szenarien oder nach langen Gaming-Sessions wird die Rückseite allerdings ziemlich heiß, mit Temperaturen jenseits der 50 Grad. Dann wird es in der Hand schnell unangenehm. Wärmebedingter Leistungsabfall oder Ruckler traten im Test trotzdem nicht auf.

Die Kombination aus dem Snapdragon 8s Gen 4, bis zu 16 GB LPDDR5X-RAM und schnellem UFS-4.0-Speicher liefert im Alltag eine Performance, die sich nicht vor Geräten mit dem Elite-Chip verstecken muss und sich stellenweise sogar agiler als so manch anderes Flaggschiff anfühlt.
Konnektivität
Mit Wi-Fi 7, Bluetooth 6.0, Tri-Band-Unterstützung und einem vollständigen 5G-Stack inklusive eSIM ist das Phone (3) technisch auf der Höhe der Zeit. Die Ortung gelingt schnell und präzise. Unterstützt werden unter anderem GPS (L1+L5), Galileo, Glonass, BDS und NavIC.
Etwas schade ist, dass Nothing keinen schnellen USB-C 3.1 Anschluss verbaut und lediglich auf USB-C 2.0 setzt. Große Datenmengen per Kabel zu übertragen dauert dadurch etwas länger. Für viele sicher zu verschmerzen, aber in dieser Preisklasse dennoch nicht optimal.

Audio und Fingerabdruckscanner
In puncto Audio bietet das Phone (3) ein solides Stereo-Setup mit klaren Höhen und ausreichendem Bassfundament. Zwei Mikrofone nehmen Sprache in guter Qualität auf. Ein Klinkenanschluss fehlt, was mittlerweile Standard ist.
Der Fingerabdrucksensor im Display arbeitet präzise, ist aber wie bei vielen optischen Sensoren empfindlich gegenüber Feuchtigkeit oder schrägen Winkeln. Für die ultimative Flaggschiff-Experience wäre an dieser Stelle ein Ultraschallsensor zu erwarten gewesen.
Nothing Phone (3): Software
Mit dem Phone (3) geht Nothing den nächsten Schritt bei seiner hauseigenen Nothing OS Benutzeroberfläche. Vorinstalliert ist Nothing OS 3.5, das auf Android 15 basiert und wie gewohnt mit minimalistischer Ästhetik, ohne Bloatware und klaren Linien auftritt.

Die Designsprache bleibt reduziert, punktet aber mit vielen kleinen Animationen, einem eigenständigen Widget-System und dem typischen Dot-Matrix-Look, der sich durch das gesamte System zieht und die Benutzeroberfläche vom Android-Einerlei abhebt.
Essential Space, Search, Recorder
Auch Nothing denkt zunehmend in Richtung KI und hat den Essential Space, der erstmals mit der 3a-Reihe eingeführt wurde, weiter ausgebaut. Im Essential Space lassen sich Inhalte wie Screenshots, Sprachmemos oder Kameraaufnahmen direkt ablegen, organisieren und mit KI-Unterstützung zusammenfassen.
Neu dazugekommen ist Essential Search, eine systemweite, intelligente Suche. Sie durchforstet nicht nur Apps und Kontakte, sondern liefert auch Ergebnisse aus Dateien, Notizen, Kalender und dem Web.
Ebenfalls neu ist der Essential Recorder, der Gespräche und Sprachmemos automatisch transkribiert. Drückt man während der Aufnahme die seitliche Essential-Taste, lassen sich wichtige Momente markieren. Diese werden beim späteren Transkript hervorgehoben, sodass sich Meetings oder Interviews deutlich einfacher strukturieren und nachbearbeiten lassen.
Update-Policy
Nothing verspricht fünf Jahre Android-Updates und sieben Jahre Sicherheitspatches. Das ist mehr als bei vielen Mitbewerbern, liegt aber noch hinter den sieben Jahren, die Google und Samsung mittlerweile versprechen. Android 16 mit Nothing OS 4 ist für das dritte Quartal 2025 angekündigt.
Nothing Phone (3): Kamera

Kameras im Überblick
Mit gleich vier 50 MP Sensoren geht das Nothing Phone (3) selbstbewusst auf Kamerakurs. Hier ein Überblick:
- 50 MP Hauptkamera mit f/1.68 Blende, 1/1.3" Sensor, PDAF und OIS
- 50 MP Periskop-Telekamera mit f/2.68 Blende, 1/2.75" Sensor, 3x optischem Zoom, 6x In-Sensor-Zoom, 60x digitalem Zoom, PDAF und OIS
- 50 MP Ultraweitwinkelkamera mit f/2.2 Blende, 1/2.76" Sensor und 114° Sichtfeld
- 50 MP Frontkamera mit f/2.2 Blende, 1/2.76" Sensor und 81.2° Sichtfeld
Hauptkamera
Die Hauptkamera auf der Rückseite nutzt einen großen 1/1.3-Zoll-Sensor mit optischer Bildstabilisierung und fängt sichtbar mehr Licht ein als beim Vorgänger. Die Ergebnisse überzeugen vor allem bei Tageslicht mit gelungener Schärfe, Dynamikumfang und Farbabstimmung. Selbst bei schwierigen Lichtverhältnissen bleiben Details gut erhalten.
Motive lassen sich mit den verlustfreien Zoomstufen von 1.5x und 2x sehr schön in Szene setzen. Die Qualität reicht zwar nicht ganz an Kamera-Primi wie ein Pixel 9 oder Galaxy S25 Ultra heran, für ein 799 € Phone ist die Bildleistung der Hauptkamera aber absolut überzeugend.
Periskop-Teleobjektiv
Spannend wird es beim neuen Periskop-Teleobjektiv. Auch hier setzt Nothing auf 50 MP, mit 3-fachem optischem Zoom und bis zu 6-fach verlustfreier Vergrößerung. Wer möchte, kann sich per 60-fach KI-Zoom ganz nah heranwagen, auch wenn dieser Modus erwartungsgemäß stark interpoliert und die Qualität deutlich abnimmt.
In der Praxis eignet sich das Tele für scharfe Porträts mit angenehmem Bokeh und für weit entfernte Motive mit überraschend viel Restschärfe. Allerdings kommt es bei Farben und Kontrast gelegentlich zu sichtbaren Abweichungen gegenüber der Hauptkamera, was sich bei gemischten Zoom-Aufnahmen störend bemerkbar machen kann. Bleibt zu hoffen, dass Nothing hier softwareseitig noch nachjustiert.
Ultraweitwinkel-Kamera
Die Ultraweitwinkel-Kamera bietet ebenfalls 50 MP bei 114 Grad Sichtfeld. Bei guter Beleuchtung gelingen solide Aufnahmen, doch im Vergleich zur Hauptkamera fällt die Qualität sichtbar ab. Details wirken weicher, die Ränder verlieren an Schärfe und der Dynamikumfang ist eingeschränkter.
Auch farblich sind teils deutliche Unterschiede zur Hauptkamera zu erkennen, was die Bildwirkung insgesamt uneinheitlich erscheinen lässt. Genauso wie beim Periskop-Teleobjektiv wäre an dieser Stelle ein Software-Finetuning wünschenswert.
Frontkamera
Vorne gibt es ebenfalls 50 MP. Selfies sind knackscharf, Hauttöne werden angenehm neutral wiedergegeben und auch bei Gegenlicht bleibt die Belichtung ausgewogen. Für Content Creator ist das ein Pluspunkt, denn auch die Frontkamera beherrscht 4K-Videos mit 60 fps.
Wer für Selfies lieber die Hauptkamera nutzt, kann theoretisch auf die Glyph-Matrix zurückgreifen. Das Spiegel-Toy zeigt den Bildausschnitt der Hauptkamera auf dem LED-Display an und dient damit als Fokushilfe auf der Rückseite. Ein Foto lässt sich damit allerdings (noch) nicht aufnehmen, denn sobald die Kamera-App gestartet wird, deaktiviert sich das Glyph-Toy automatisch. In Zukunft wäre genau das aber eine sinnvolle Erweiterung mit echtem Mehrwert für Selfie-Fans.

Video und TrueLens Engine 4
Das komplette Kamera-Setup unterstützt übrigens durchgängig 4K mit 60 Bildern pro Sekunde, inklusive HDR10+ und Ultra XDR-Video. Letzteres sorgt per Dual Exposure für besonders kontrastreiche Aufnahmen mit natürlichem Lichtverlauf. Videos wirken dadurch satter und dynamischer, ohne übertrieben künstlich auszusehen.
Abgerundet wird das Ganze von der neuen TrueLens Engine 4, die laut Nothing eine deutlich schnellere Bildverarbeitung ermöglicht. Im Test zeigt sich, dass die Kamera flott startet, zuverlässig fokussiert und Aufnahmen spürbar schneller als beim Vorgänger verarbeitet. Nur bei Serienbildern oder komplexen HDR-Szenen kann es zu kurzen Wartezeiten kommen.
Nothing Phone (3): Akkulaufzeit und Laden
Nothing verbaut im Phone (3) einen 5.150 mAh Silizium-Kohlenstoff-Akku, der spürbar mehr Ausdauer als der Vorgänger liefert. Bei intensiver Nutzung mit Kamera, Navigation, Videostreaming und Gaming bringt einen das Gerät zuverlässig durch den Tag. Wer es ruhiger angehen lässt, kommt sogar zwei Tage ohne Steckdose aus.

Geladen wird per Kabel mit bis zu 65 W. Das reicht für knapp 50 Prozent in unter 20 Minuten und eine volle Ladung in weniger als einer Stunde. Kabelloses Laden (Qi 1.2) ist mit 15 W möglich, kleinere Geräte wie Kopfhörer lassen sich per Reverse Charging mit bis zu 5 W aufladen.
Sven
799€ find ich ehrlich gesagt zu viel. Das Design hat was und die Software gefällt mir auch, aber mit dem Chip und ohne LTPO… für 649 würd ich es sofort nehmen.